His recent roles have been dark, but his future is bright[/size]
03.2002
[size=150]Seine letzten Rollen waren dunkel, aber seine Zukunft ist hell
Jared Leto ruht sich aus, relaxt nach einem anstrengenden Tag, der damit angefüllt war, mit einer Uzi im hiesigen Gebirge herumzuballern. Das behauptet er jedenfalls. Es gibt keine Möglichkeit, dies auf seine Richtigkeit zu überprüfen, da er, a) aus L.A. von zuhause aus anruft (sagt er), b) die Geschichten über sein Leben so farbenprächtig sind, dass es schwer ist, festzustellen, ob sie wahr oder unwahr sind (sage ich), c) er den Gegensatz genießt, gemixt mit einem Hauch Sarkasmus, um die Leute im Ungewissen zu lassen. (Sagen wir beide.)
Fernab vom Film versteht Leto es auf höchst interessante Art und Weise, sich selbst der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auf der einen Seite scheint er dankbar für den Erfolg zu sein, auf der anderen Seite zwiespältig, was seinen Ruhm angeht. Er gibt selten Interviews und mit Sicherheit beantwortet er nicht jede Frage. Frag ihn nach der Kunst des Filmemachens und er ist gesprächig wie ein Kunststudent. Versuchst du aber, etwas über sein Privatleben herauszukriegen, flattert er davon wie ein Schmetterling und sticht wie eine Biene. Leto ist so ein Typ, den du gerne auf deiner Seite haben würdest, aber nicht an deinem Pokertisch. Nachdem ich ihn in der Vergangenheit schon ein paarmal hautnah erleben durfte, habe ich den Eindruck, dass sein Mund das eine sagt, seine Augen aber etwas anderes. Was nicht heißt, dass er unaufrichtig oder unehrlich ist. Aber vielleicht hat er das Geheimnis einer dauerhaften Karriere entdeckt: Lass sie immer im Unklaren. Leto lässt sich nicht in die Karten schauen. Nimm doch nur mal das hartnäckige Gerücht, er würde an einem Musik-Projekt arbeiten. "Ich habe keine Ahnung, was du meinst", sagt Leto, der kürzlich 'Panic Room' fertig gestellt hat, sein zweiter Film mit David Fincher. Über den Film spricht er allerdings.
DAVID A. KEEPS: Erzähl mir was über 'Panic Room'.
JARED LETO: Es ist die Geschichte dreier Leute, die in ein Haus einbrechen, um an eine gewisse Summe von Geld zu kommen, die dort versteckt ist. Wir glauben, das Haus sei leer, aber als wir erstmal drin sind, merken wir, dass da eine Frau ist (Jodie Foster), die sich ausgrechnet in dem Raum eingeschlossen hat, in den wir rein müssen - nämlich im Panic Room. Dieser Panic Room ist eine hochmoderne Einrichtung, in der man sich verbarrikadieren kann, eigens und nur zu dem Zweck gebaut, niemanden hereinzulassen. Ich spiele Junior, ein totales Arschloch. Er denkt natürlich, er wäre keins, aber wir alle wissen, dass er eins ist.
DAK: Beschönige es nicht, Jared. Sag mir, was du wirklich über ihn denkst.
JL: (lacht) Junior ist das schwarze Schaf einer wohlhabenden Familie. Und, weißt du, es ist wirklich schlimm, in so eine Menge von Geld und Möglichkeiten hineingeboren zu werden. Ich erzähle dir das, weil ich weiß, dass Sarkasmus auf dem Papier nicht immer rüberkommt. Und ich meine das sarkastisch.
DAK: Du? Sarkastisch? (Leto lacht) Okay, Junior ist also ein bisschen verzogen?
JL: Verzogen, nervend. Du möchtest ihm ein paarmal in die Fresse hauen.
DAK: Wer sind die anderen Beiden in der Einbrecherbande?
JL: Ich würde sie nicht Bande nennen. Die Gier hat sie zusammengeführt. Da ist Dwight Yoakam, er spielt Raoul, und Burnham, gespielt von Forest Whitaker, der bei einer Security Firma arbeitet und weiß, wie man in den Panic Room reinkommt. Und mein Charakter ist ein Mitglied der Familie, der das Haus vorher gehörte. Und während mein Großvater schwerkrank mit Krebs im Bett lag, wartete ich darauf, dass er endlich stirbt, damit ich endlich herausfinden konnte, wo er das Geld versteckt hat. Also, nicht wirklich Geld, sondern irgendwelche Wertgegenstände. Weißt du, im Interesse der guten Unterhaltung frage ich mich, wieviel ich verraten darf. Fincher wird mir möglicherweise den Kopf abreissen.
DAK: Lustig, dass du das gerade erwähnst. In einem von Fincher's früheren Filmen, 'Fight Club' (1999), spieltest du Angel Face, einen hübschen, blonden Jungen, dessen Gesicht schrecklich entstellt wurde. Vermutlich hast du Mr. Fincher verziehen.
JL: (lacht) Klar. Aber 'Panic Room' war eine hervorrende Gelegenheit für ihn, mir noch mehr Schaden zuzufügen. Einige Körperteile werden hier definitiv durch die Mangel gedreht. Aber er ist ein wunderbarer Mensch, mit dem ich gerne arbeite. Er ist ein Fachmann, in allem, was er tut, dass es eine wahre Freude ist, in seiner Welt sein zu dürfen.
DAK: Auch wenn das bedeuted, deine Haare zu Cornrows geflochten tragen zu müssen, wie hier in dieser Rolle?
JL: (lacht) Das war anfangs echt schmerzhaft. In der ersten Nacht konnte ich nicht schlafen, es war fürchterlich. Und es war zu hundert Prozent echtes Haar, nämlich meins. Diese Frau, Candy - sie hat einen Salon in L.A., mit dem passenden Namen 'Candy for Hair' - hat das in einer Stunde hingekriegt, wofür andere vier bis sechs Stunden brauchen. Und nachdem ich mich dran gewöhnt hatte, gefiel es mir sogar.
DAK: Du warst ein Teenager in den 80ern. Ich glaube mich zu erinnern, dass du mal einen Mullet (vorne und an den Seiten kurz, hinten lang) hattest. Stimmt das?
JL: Ich war der König der Mullets. Wenn du mit einem Rock T-Shirt rumgelaufen bist und ein Fan von Rush warst - eine der genialsten Bands des Universums - dann hattest du einen Mullet.
DAK: (lacht) Du bist vielleicht 'ne Nummer, Jared. Warum hast du nie eine Komödie gemacht?
JL: Würde ich gerne. Ich hätte nichts dagegen, mit Alexander Payne oder Wes Anderson zu arbeiten. Aber vielleicht lüge ich auch nur, und ich mag einfach diese dunklen, masochistisch angehauchten Erfahrungen. Ich bin stolz auf das, was ich in der jüngeren Vergangenheit geleistet habe und das ist ein gutes Gefühl. Das hatte ich nicht sehr oft, weißt du. In meiner frühen Laufbahn gibt es Filme, deren Titel ich nicht aussprechen möchte. Ich höre besser damit auf, ich gehe zu weit.
DAK: (lacht) Wolltest du schon immer Schauspieler werden?
JL: Nein. Ich wollte bildender Künstler werden, denn ich wuchs mit Malern und Photografen auf und hatte eine sehr künstlerische Erziehung. Und ich dachte darüber nach, Drogendealer zu werden, als ich noch klein war. Ich dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, denn die Nachfrage würde immer da sein. Ziemlich bizarr, oder?
DAK: Nicht bizarrer als der bisherige Verlauf unserer Unterhaltung. Stimmt es, dass du ein Graffiti Tagger warst?
JL: Ich hatte eine kurze Phase, und ein paar unterschiedliche Tags. Aber ich ging nie soweit, um von der Graffiti Kommision international anerkannt zu werden. Meistens hab' ich bloß mit der Farbe um mich geschmissen, aber ich ging raus und versuchte mich darin.
DAK: Ich habe eine Biographie über dich gelesen, in der steht, dass du eine 'rastlose Kindheit' hattest. Was genau bedeuted das?
JL: Ich würde eher es eher 'vagabundisch' nennen. Ich wurde von meiner Mutter aufgezogen und wir zogen sehr oft um. Als ich 12 war, waren wir in Haiti. Das war eine unvergessliche Erfahrung. Auf der einen Seite ist es ein fortgeschrittenes Land, aber andererseits ist es auch das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Ich bin auf Mango-Bäume geklettert und hatte einfach eine Wahnsinnszeit da.
DAK: Nicht zu vergessen, dass du zu dieser Zeit wohl auch mit dem Beginn deiner Pubertät zu kämpfen hattest.
JL: Weißt du, ich habe vor kurzem eine interessante Theorie darüber gehört, dass Frauen heutzutage durch die sexuellen Inhalte in den Medien - Fernsehen, Filme, Teen Magazine - früher ihre Periode bekommen. Das löst etwas im Kopf aus.
DAK: Wir bekommen eine leise Ahnung, wie du als Erwachsener bist, aber wie warst du als Kind?
JL: Ich befand mich meistens in meiner eigenen Welt, ich war nie eins von diesen beliebten Kindern. Aber ich habe eine tolle Familie, einen tollen Bruder und eine tolle Mutter.
DAK: Wie fingst du an als Schauspieler?
JL: Ich habe in New York an der School of Visual Arts Film studiert, bin dann da aber wieder weg, und zu meinem Bruder nach Indiana, um mit ihm an Demolition Derbies (eine Art Stock-Car Rennen) teilzunehmen. Er hat's mir beigebracht und ich verbrachte eine zeitlang dort mit ihm. Dann geriet er mit dem Gesetz in Konflikt und wurde eingesperrt, also kam ich mit einem Rucksack und ein paar hundert Piepen noch Los Angeles.
DAK: Ja, das klingt glaubwürdig.
JL: Es ist die Wahrheit! Er ist richtig gut im Demolition Derby. Und meine Mutter war beim Zirkus, als wir noch klein waren! Sie war Akrobatin und Trapezkünstlerin.
DAK: Komm schon.
JL: Ehrlich! Das hier ist doch für ein Magazin, da würde ich nie lügen!
DAK: Gut zu wissen. Ich hab' gehört, dass du dieses Jahr eine Platte rausbringst?
JL: Eine Platte mit was?
DAK: (lacht) Eine Platte mit Musik.
JL: Neeeiiin. Wer erzählt denn sowas?
DAK: Dein Publizist hat es meinem Editor erzählt. Also, machst du keine Musik?
JL: Nur, wenn ich Liebe mache.
DAK: Komm schon, ohne Scheiß jetzt.
JL: Kein Scheiß! Wie läuft's in New York?
DAK: Ich bin in L.A. und Du, Jared, weichst dieser Frage jetzt nicht aus!
JL: Ich bin nicht darauf vorbereitet, jetzt schon darüber zu sprechen. Schau, du kennst das Klischee. Und ich möchte kein Schauspieler sein, der davon spricht, wie sehr er gerne Musiker sein möchte. Ich bin, was das betrifft, sehr leidenschaftlich, und ich möchte nicht, dass man sich im Vorfeld schon über etwas das Maul zerreisst, bevor es draußen ist und für sich selbst sprechen kann.
DAK: Okay. Über dieses Musik-Ding willst du also nicht reden. Spielst du Gitarre?
JL: Du machst mich fertig, Alter. Ich spiele viele Sachen. Das Xylophon. Ich bin dafür bekannt, hin und wieder die Harfe zu zupfen.
DAK: Wir haben ja schon mal ein Interview zusammen gemacht, aber das ist schon eine Weile her, und ich habe vergessen, dass ein Interview mit dir wie Zähne ziehen ist. (Leto lacht) Welche Musik hörst du zur Zeit?
JL: Ich höre viele 80er Jahre Soundtracks. 'The Breakfast Club', und 'Pretty in Pink', aber eigentlich eher sowas wie Tangerine Dream. Aphex Twin eignet sich gut zum einschlafen. Ich mochte schon immer Bjørk und Peter Gabriel's 'Passion' (Soundtrack 'Die letzte Versuchung Christi') ist eins der genialsten Alben, die ich je gehört habe.
DAK: Und was machst du nach 'Panic Room' und nachdem du keine Platte rausbringen wirst?
JL: Ich denke, ich werde mir eine Auszeit nehmen und andere Dinge des Lebens erforschen. Vielleicht miete ich mir ein Wohnmobil oder steige ins Auto und besuche alle 50 Staaten... Ich muss Schluss machen. Meine Mutter kocht und sie, mein Bruder, ein alter Freund der Familie - ein Künstler namens Larry Sezak, der zu Besuch ist - und ich werden uns zur Abwechslung mal Hausmannskost gönnen.
DAK: Du bist wohl nicht so für's Kulinarische?
JL: Gewöhnlich esse ich auswärts, aber in letzter Zeit esse ich mehr und mehr zuhause. Ich verlasse das Haus nicht gerne, ausser wenn ich muss. Wenn ich könnte, würde ich in einer Höhle mit Tür leben. Vielleicht eine gigantische Hobbit-Höhle mit dicken Fellteppichen. So richtig gemütlich, mit Lagerfeuer. Etwas, wo ich für sechs bis fünfzehn Monate bleiben könnte.
DAK: Du hast ja eine lebhafte Phantasie. Hast du eigentlich wilde Träume?
JL: Ja. Ich habe ziemlich apokalyptische, verrückte Träume. Ich träume oft, dass ich von Haien zerfleischt werde. Letzte Nacht träumte ich, ich wäre eine ausserirdische Kreatur, sowas wie ein Phoenix oder ein Greif oder sowas, und meine Haut war aus Feuer, und ich kämpfte gegen eine andere Kreatur, hoch über der Erde und ich konnte die Erdkrümmung sehen. Das ist so ziemlich das, was ich meistens träume.
DAK: Was macht dich an?
JL: Sex.
DAK: Und was gefällt dir am Sex?
JL: Oh, komm schon! Was gefällt dir am Wasser? Es ist Teil des Lebens.
DAK: Sieht das deine Freundin genauso?
JL: Oooh! Ich dachte, wir hätten das mit der Freundin-Frage geklärt! Okay Mann, ich muss los. Meine Mum kam grade rein und meinte, das Essen ist fertig. War nett, mit dir zu plaudern.
DAK: Eine letzte Frage noch, bitte: Wenn alles gesagt und getan ist, was soll auf deinem Grabstein stehen?
JL: Ich will keinen. Ich möchte, dass man mich nackt mitten im Wald in einem nicht allzu tiefen Loch in frischer Erde verbuddelt, und gerade so viel drüber streut, dass die Tiere, die da vorbeikommen, an meinem frischen Leichnam knabbern können.
DAK: Das ist widerlich, Jared.
JL: So bin ich halt.
David A. Keeps ist ein beitragender Redakteur von US Weekly. Er arbeitet an einem Roman mit dem Titel 'A Kiss For Marcus Stevenson'.
Original-Quelle: findarticles.com, David A. Keeps Übersetzung webmiss